Um mögliche Vorbehalte der Ayurveda-Küche gegenüber den Wind aus den Segeln zu nehmen, dass das Essen immer gleich oder nach Curry schmecke, möchte ich hiermit gern einen Denkanstoss geben. In diesem Artikel geht es lediglich um den Geschmack der Nahrungsmittel, nicht um weitere gesundheitliche Aspekte oder Einsatzmöglichkeiten. Im Sanskrit wird der Geschmack als Rasa bezeichnet.
Schmeckt das Essen wirklich immer gleich? Durchleuchten wir das Ganze doch einmal Schritt für Schritt. Worauf kommt es bei einer gesunden und vollwertigen Ayurveda-Küche in Sachen Geschmack an?
Der Ayurveda empfiehlt die Gerichte stets mit den sechs Geschmacksrichtungen süss (madhura), sauer (amla), salzig (lavana), scharf (katu), bitter (tikta) und herb bzw. zusammenziehend (kashaya) zu gestalten. Diese sollten in jeder Mahlzeit vorkommen. Das heisst morgens, mittags und abends.
Ich zähle nun einige Beispiele von Nahrungsmitteln mit ihren Geschmacksrichtungen auf, wobei es viele mehr gibt. Zu beachten ist, dass der Ayurveda den Nahrungsmitteln meistens mehrere Geschmacksrichtungen zuordnet. Machen Sie doch selbst einmal eine Geschmacksprobe, zum Beispiel von Gewürzen. Nehmen Sie etwas pur auf die Zunge. Wie schmeckt zum Beispiel Kardamom oder Koriander? Welche Geschmacksrichtungen können Sie herausschmecken? Die verschiedenen Geschmacksrichtungen eines Nahrungsmittels spiegeln sich in der folgenden Liste wider. Diese Liste entspringt verschiedenen Quellen, welche ich im Anhang als Quellennachweise und Buchvorschläge aufgeführt habe.
Aber nun zu unseren Geschmäckern:
Welche Nahrungsmittel haben einen süssen Geschmacksanteil?
1. Früchte: Ananas, Apfel je nach Sorten, Aprikose, Banane, Birne (reif), Dattel, Erdbeere, Feige, Granatapfel, Himbeere, Honigmelone, Kirsche, Mango, Nektarine, Orange, Wassermelone, Weintrauben, Zitrone
2. Gemüse: Aubergine, Avocado, Fenchel, Gurke, Karotte, Kartoffel, Knoblauch, Rotkohl, Kürbis, Okra, gekochte Zwiebel, Tomate, Wilder Spargel, Zucchini
3. Getreide: Basmatireis, Couscous (Weizen), Dinkelgriess, Gerste, Goldhirse, Hafer, Mais (Polenta), Hartweizengriess (Nudeln), Reis, Weizen
4. Hülsenfrüchte: Hellgelbe Linsen (Tuweer-Linsen), Kichererbsen (Channa-Dal), Mungbohnen, Rote Linsen (Masur-Dal), Schwarze Bohnen (Urad-Dal)
5. Nüsse, Kerne, Samen: Cashewnuss, Haselnuss, Indischer Flohsamen, Kokosnuss, Kürbiskerne, Mandeln (geschält, ungeschält), Pinienkerne, Pistazien, Sesamsamen, Sonnenblumenkerne
6. Milchprodukte: Appenzeller, Butter, Emmentaler, Ghee (Butterreinfett), Hüttenkäse, Joghurt, Kuhmilch, Paneer (Indischer Frischkäse), Sahne, Ziegenmilch
7. Fleisch Fisch, Eier: Hase, Huhn, Perlhuhn, Schaf, Schwein, Ziege, Fisch
8. Gewürze/Kräuter: Dill, Fenchelsamen, Granatapfelpulver (Anardana Powder), Getrockneter Ingwer, Kardamom, Koriander, Kreuzkümmel, Langer Pfeffer (Pippali), Indisches Eisenkraut, Süssholz, Zimt
9. Süssungsmittel: Mangopulver (Amchur), Honig, Jaggery (aus dem Palmensaft des Zuckerrohrs), Schlafmohn, Rohrohrzucker, Zucker
Welche Nahrungsmittel haben einen sauren Geschmacksanteil?
1. Früchte: Amla (Indische Stachelbeere), Ananas, Apfel (je nach Sorte), Aprikose (leicht), Birne (leicht), Erdbeere, Granatapfel, Himbeere, Mango (leicht), Nektarine, Orangen, Zitrone
2. Gemüse: Tomate
3. Milchprodukte: Appenzeller, Butter, Buttermilch, Emmentaler, Hüttenkäse, Joghurt
4. Süssungsmittel: Mangopulver (Amchur), Granatapfelpulver (Anardana Powder)
5. Sonstiges: Wein
Welche Nahrungsmittel haben einen salzigen Geschmacksanteil?
1. Gemüse: Ingwer, Knoblauch
2. Milchprodukte: Appenzeller
3. Sonstiges: Geschmacksverstärker, Meersalz, Sojasosse, Steinsalz
Welche Nahrungsmittel haben einen scharfen Geschmacksanteil?
1. Früchte: Banane (sehr leicht), Kirsche (sehr leicht)
2. Gemüse: Bittergurke, Fenchel, Frischer Ingwer, Knoblauchs, Rettich, Zwiebel
3. Gewürze/Kräuter: Anis, Basilikum, Beifuss (Damanaka), Bockshornklee (Methi), Dill, Duftveilchen (Vanapsika), Echter Kümmel, Cayennepfeffer, Chili, Echte Myrrhe, Galgant (Malayavaca), Nelken, Gartenkresse, Gelbwurz (Kurkuma), Gewürznelke, Indischer Baldrian (Tagara), Indischer Braunsenf, Kardamom, Koriander, Kreuzkümmel, Kümmel, Langer Pfeffer (Pippali), Lavendel, Löwenzahn, Majoran, Muskatnuss, Roter Senfsamen, Safran, Schlafmohn, Schwarzer Pfeffer, Schwarzer Senfsamen, Schwarzkümmel (Upakuncika), Wermut (Afsantin), Zimt
4. Nüsse, Kerne, Samen: Sesamsamen
Welche Nahrungsmittel haben einen bitteren Geschmacksanteil?
1. Gemüse: Artischocke, Aubergine, Bittergurke, Chicorée, Fenchel, Karotte, Knoblauch, Mungsprossen, Lattich, Rettich, Stangensellerie, Wilder Spargel, Zitrone
2. Getreide: Quinoa
3. Hülsenfrüchte: Orangene Linsen, Kidneybohnen
4. Nüsse, Kerne, Samen: Baumnuss (Walnuss), Mandeln (ungeschält), Sesamsamen
5. Milchprodukte: Appenzeller
6. Gewürze/Kräuter: Ajwein, Anis, Basilikum, Beifuss (Damanaka), Bockshornklee (Methi), Dill, Duftveilchen (Vanapsika), Hing (Asafoetida, Asant, Stinkasant, Teufelsdreck), Echte Myrrhe, Fenchelsamen, Gartenkresse, Gelbwurz (Kurkuma), Gewürznelke, Indischer Baldrian (Tagara), Indischer Braunsenf, Kardamom, Koriander, Kreuzkümmel, Langer Pfeffer (Pippali), Lavendel, Löwenzahn, Majoran, Muskatnuss, Nabelkraut, Nelken, Roter Senfsamen, Safran, Schwarzer Pfeffer, Schwarzer Senfsamen, Schwarzkümmel (Upakuncika), Wermut (Afsantin), Zichorie, Zimt
7. Sonstiges: Tofu
Welche Nahrungsmittel haben einen herben Geschmacksanteil?
1. Früchte: Äpfel (je nach Sorte), Banane, Birne, Granatapfel
2. Gemüse: Aubergine, Brokkoli, Gurke, Meerrettich, Knoblauch, Karotte, Knollensellerie, Mungsprossen, Stangensellerie
3. Getreide: Gerste, Goldhirse, Hafer, Mais (Polenta), Rollgerste, Quinoa
4. Hülsenfrüchte: Kichererbsen (Channa-Dal), Kidneybohnen, Mungbohnen (gelbe, halbierte), Hellgelbe Linsen (Tuweer-Linsen), Braune Linsen, Orangene Linsen
5. Nüsse, Kerne, Samen: Baumnuss (Walnuss), Haselnuss, Kürbiskerne (leicht), Sesamsamen
6. Milchprodukte: Appenzeller, Butter, Kuhmilch, Joghurt, Ziegenmilch
7. Gewürze/Kräuter: Beifuss (Damanaka), Echte Myrrhe, Gelbwurz (Kurkuma), Indischer Baldrian (Tagara), Hing (Asafoetida, Asant, Stinkasant, Teufelsdreck), Muskatnuss, Schlafmohn
8. Süssungsmittel: Honig, Yaggery (aus dem Palmensaft des Zuckerrohrs)
9. Sonstiges: Tofu, Schwarztee
Wie hier gut zu erkennen ist, findet sich unter den Gewürzen und Kräutern die grösste Auswahl an Geschmacksrichtungen. Daher sind diese in der Ayurveda-Küche sehr beliebt und zahlreich eingesetzt. Nun brauchen wir je nach Rezept nur noch darauf achten, dass alle sechs Geschmackrichtungen vorkommen. Sollten Sie einmal ein Rezept vorliegen haben, welches nicht alle Geschmacksrichtungen enthält, können Sie sich aus der Vielfalt der Nahrungsmittel und Gewürze einfach das raussuchen, was Sie noch benötigen. Und was Sie mögen, bzw. was zum Essen passt. Für eine typengerechte Ernährung (Vata, Pitta, Kapha) oder diese therapeutisch eingesetzt, erfordert eine ganzheitliche Ernährungs- und Gesundheitsberatung.
Wer sich auf diesem Gebiet gar nicht auskennt und sich gern mehr damit auseinandersetzen möchte, kann sich folgende Bücher besorgen. Die ersten beiden Bücher sind für Laien sehr gut verständlich und im Alltag ein guter Leitfaden. Das dritte Buch ist für Ayurveda-Praktizierende, wie Ärzte zu benützen, aber auch für Therapeuten oder Ernährungsberater interessant.
„Die ayurvedische Ernährung - Heilkunst und Lebensenergie mit wohltuenden Rezepten zur Gesundheitsstärkung“ von Kerstin Rosenberg – ISBN 978-3-517-08696-5
„Ayurvedische Ernährung – Bei Verdauungsbeschwerden, Verstopfung und Reizdarm“ von Tamara Köhler – ISBN-10: 3-03780-259-6 und ISBN-13: 978-3-03780-259-5
„Heilpflanzen der Ayurvedischen Medizin“ von Andrea Zoller und Hellmuth Nordwig
Na dann - lassen Sie es sich schmecken.